Regeln für das Paß-Spiel auf der Nymphenburger Mailbahn

1723 erschien eine deutsche Übersetzung eines französischen Textes (vermutlich von Pierre de Bretagne), die anlässlich einer kurfürstlichen Hochzeit auch Schlösser und Parkanlagen in und um München beschrieb. Sie enthält Spielregeln für das “Paß-Spiel”, die als Erfindung des Kurfürsten Maximilian II. Emanuel ausgegeben sind. Es handelt sich um eine Variante des Paille-Maille bzw. Pallamaglio, Pallmall, Mail(le)spiel. Mail(le)bahnen, lange gerade Alleen für dieses Spiel, gab es beispielsweise in Nymphenburg und Schleißheim.

Ausführliche Relation von denen herrlichen Festivitäten und offentlichen Freuden-Bezeugungen, welche so wohl bey Hofe, in der Stadt München, als auch auf denen Chur-Fürstl. Jagt- und Lust-Schlössern wegen der hohen Vermählung des Chur-Printzens zu Bayrn Durchl. Caroli Alberti mit der Durchleuchtigsten Ertz-Herzogin Maria Amalia gehalten worden, und zu sehen gewesen. Nebst einer accuraten Beschreibung was in obbenannten Chur-Fürstl. Jagt- und Lust-Schlössern merckwürdiges zu besehen und zu bemercken. Aus dem Frantzösischen übersetzt. 1723. https://mdz-nbn-resolving.de/details:bsb11196270

Die Spielregeln stehen in Abschnitt § XVI. (lies XIV, vierzehnter Abschnitt). Direktlink zum Digitalisat im MDZ oder bei Google Books.

Später im 18. Jahrhundert ist ein “Paß-Spiel” auch in Sachsen belegt. Ob es mit dem Spiel des bayrischen Kurfürsten übereinstimmt oder größere Abweichungen bestehen, ist unklar. Im Churfürstlich-Sächsischen Hof- und Staatscalender ist sogar unter den Hof-Bediensteten eigens ein “Marqueur beym Paß-Spiel” aufgeführt. 1776 und 1777 hatte Johann Gottfried Hempel diese Aufgabe inne.¹

Im 18. Jahrhundert verlor Paille-Maille allmählich an Beliebtheit. Nur vereinzelt wurden noch neue Bahnen angelegt, zum Beispiel in Halle, um die Universitätsstadt für Studierende attraktiver zu machen. Die Mailbahn wurde jedoch nur einige Jahre genutzt, später erinnerte noch der Name einer Kneipe an das Spiel an diesem Ort (Eidloth/Renes, S. 189f.).

• Volkmar Eidloth und Hans Renes: Mailbahnen als städtebauliche und landschaftsplanerische Innovation im 17. Jahrhundert. In: Siedlungsforschung. Archäologie – Geschichte – Geographie 35, 2018, S. 179–199. PDF
• Sara Kieboom-Nijs: Ancient Golf. (Website). https://ancientgolf.dse.nl/index.htm
• Anke Fröhlich: Barocke Spiele im Schlosspark von Pillnitz. In: Jahrbuch Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen 12.2004, S. 80-93. urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-383593
• M.C.Lang/Club Rocaille: Maile Spiel mit Fotos zeitgenössischer Gemälde “mit freundlicher Unterstützung Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen”, leider ohne nähere Angaben zu den Bildern. Der Text der Seite stammt anscheinend von 2012 und lässt leider zu wünschen übrig (u.a. mangelnde Quellenangaben).

1. Churfürstlich-Sächsischer Hof- und Staatscalender 1776 und 1777. Die Rolle des Marqueurs könnte dem “Aufzeichner” in den Regeln von 1723 entsprechen. [↩]